Deutscher Alpenverein: Meine Ausbildung zum Wanderleiter

Schon lange schwirrte mir der Gedanke durch den Kopf, beim Deutschen Alpenverein (DAV) die Wanderleiter-Ausbildung anzugehen. Im Frühjahr 2017 habe ich diesbezüglich bei meiner Sektion Alpen.Net angefragt – und das „Go“ bekommen.

Im Herbst 2017 wurden die Kurse freigeschaltet – und ich habe einen Ausbildungsplatz im Juni 2018 im Spitzinghaus am Spitzingsee bekommen. Die Ausbildung zum Wanderleiter dauert beim DAV effektiv fünf Tage.

Hier findest du alle Infos zur Ausbildung zum Wanderleiter beim Alpenverein.

So wirst du Wanderleiter beim Deutschen Alpenverein

Mit An- und Abreise bist du sieben Tage unterwegs. Um dich zum Wanderleiter beim DAV ausbilden zu lassen, brauchst du neben der Zustimmung deiner Sektion einen Nachweis über einen Erste-Hilfe-Kurs (nicht älter als zwei Jahre) und ein Tourenbuch mit mindestens 20 Bergtouren mit etwa 800 Höhenmetern. Als Beispiele nennt der DAV die Überschreitung der Notkarspitze, die Zugspitz-Tour übers Gatterl und die Wanderung auf die Rotwand. Zudem musst du mindestens drei Jahre Bergerfahrung haben.

Für die nächste Stufe, den Trainer C Bergwandern (den Trainer C habe ich im Juli 2019 auf der Lindauer Hütte in der Sulzfluh-Region erfolgreich gemeistert), benötigst du ein Tourenbuch mit mindestens 20 Bergtouren mit jeweisl zirka 1.200 Höhenmetern oder mehr. Auf die Höhenmeter kommt es dabei aber nicht immer an. So nennt der DAV als Beispiel etwa die recht kurze, aber knackige Wanderung aufs Ettaler Manndl. Viel Wert wird hier aufs Gelände gelegt. Für den Trainer C Bergwandern musst du auf alle Fälle leichte Kletterstellen meistern.

Tipp: Ich bin in der DAV-Sektion Alpen.Net und kann die Sektion nur empfehlen!

Die Wanderleiter-Ausbildung: das Fernstudium

Bevor es an die Praxis am Spitzingsee geht, steht das Fernstudium an. Unentbehrlich dabei ist das „Handbuch Ausbildung des Deutschen Alpenvereins„. Das ist ein dicker Schmöker, der alles vermittelt, was du in den Bergen wissen musst.

Für die Ausbildung zum Wanderleiter reicht es aber, einen kleinen Teil aus dem Handbuch zu wissen. Das sind Teile aus den Themenbereichen Führen, Bergsteigen, Orientierung, Wetter, Bergrettung, Erste Hilfe und Recht & Versicherung. Keine Sorge, du brauchst keine Wochen, um das zu lernen. Aber ein paar Tage solltest du doch investieren. Einiges weißt du vielleicht auch schon aus der Praxis.

Ende Juni war es dann soweit. Im Spitzinghaus treffen am Sonntagabend 16 Kursteilnehmer und zwei Ausbilder – Baldo Pazzaglia (Altissimo) und Florian Hänel, beides erfahrene Bergführer – aufeinander. Wie das bei großen Gruppen so ist: Anfangs sind die Teilnehmer eher schüchtern und zurückhaltend. Aber das ändert sich schnell. Nach dem Abendessen – geliefert von der Albert-Link-Hütte und damit garantiert ein Gaumenschmaus – gibt es eine Vorstellungsrunde.

Zu meiner Überraschung kommen die Teilnehmer aus ganz Deutschland und nicht nur aus dem Süden des Landes. Auch die Altersspanne ist recht groß – von etwa Anfang 30 bis Ende 60. Untergebracht sind wir in 4er-Zimmern. Es ist ein bisschen wie zu Schulzeiten – ich finde es toll!

Tag 1 – Wanderung auf Roßkopf & Stolzenberg

Am ersten Ausbildungstag steht eine kurze Wanderung zum Kennenlernen an. Wir – jeweils acht Teilnehmer und ein Ausbilder – starten am Spitzinghaus, wandern zur Münchner Hütte und steigen auf unmarkierten Wegen hinauf zum Roßkopf (1580 m) und weiter zum Stolzenberg (1609 m).

Die einzige Orientierungshilfe ist die Karte. Ein wichtiger Aspekt der Ausbildung ist, sich nur anhand der Karte zu orientieren. Die Steige sind anfangs oft nur auf der Karte zu sehen und total versteckt. Wegweiser? Nicht für unsere Routen.

Der Wettergott meint es leider nicht gut mit uns. Wir haben Nebel, Regen und Wind. Zudem sind die Wege und Wiesen komplett durchnässt. Bei solchen Verhältnissen kann auch eine vermeintlich leichte Tour relativ anspruchsvoll werden. Aber niemand aus der Gruppe hat Probleme. Am Gipfel vom Roßkopf machen wir nur kurz Halt. Der Wind peitscht uns den Regen ins Gesicht. Gemütlich ist anders.

Die Führung der Gruppe übernimmt im Wechsel immer ein anderer Teilnehmer. Unser Ausbilder Flo Hänel macht immer wieder Stopp, um uns in die Flora der Alpen einzuweihen. Es gibt wohl keine Alpenpflanze, die Flo nicht kennt. Immer wieder sehen wir Enzian – die Wurzeln sind übrigens bestens geeignet für einen aromatischen Schnaps.

Nach dem Abendessen besprechen wir die Tour für den kommenden Tag – es geht auf die 1.759 Meter hohe Aiplspitz. Baldo und Flo geben uns die Route vor – natürlich wieder über versteckte Steige. Wir planen den Rest. Wie viele Kilometer und wie viele Höhenmeter sind zu überwinden? Welche Schlüsselstellen gibt es? Gibt es Notabstiege? Und ein ganz wichtiger Aspekt: Wie entwickelt sich das Wetter? Das Wetter ist einer der größten Sicherheitsfaktoren beim Wandern in den Bergen. Ein Kälteeinbruch oder ein Gewitter kann fatale Folgen haben.

Tag 2 – Wanderung auf die Aiplspitz

Der Abstieg über die Nordseite verlangt ein hohes Maß an Trittsicherheit. Der Steig führt steil über Geröll nach unten. Das Highlight der Wanderung ist neben dem Gipfel die Jägerbauernalm (1546 m) mit dem Alpaca und der schwarzen Sau, die dem Alpaca auf Schritt und Tritt folgt. Klar, dass wir hier noch einkehren. Die Sonne lacht und wir genießen einen tollen Abschluss der Tour. Der Abstieg erfolgt wieder über einen schmalen, teilweise ausgesetzten Steig. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind hier unabdingbar.

Der Wetterbericht sagt einige Quellwolken vorher – aber weder Regen noch Gewitter. Beste Voraussetzungen also, die Aiplspitz zu erklimmen. Die Wanderung auf die Aiplspitz ist traumhaft schön. Wir lassen den Spitzingsee hinter uns und steigen immer weiter auf. Den Grat zum Gipfel der Aiplspitz erreichen wir nach etwa drei Stunden. Hier ist Trittsicherheit gefragt. An einigen Stellen geht es steil in die Tiefe. Auch ein paar leichte Kletterstellen warten auf uns.

Am Gipfel legen wir eine längere Pause ein und genießen die tolle Aussicht. Für den Abstieg haben wir den recht steilen Abstieg über die Nordseite geplant. Wir sind aber wenig aufmerksam und steigen zunächst auf der Ostseite ab. Unser Ausbilder Baldo sagt kein Wort und wartet darauf, dass wir den Fehler selbst bemerken. Erst nach einer Viertelstunde fällt der Fehler auf. Wir müssen ein ganzes Stück zurück und stehen heute zwei Mal am Gipfel. Hier treffen wir jetzt auch die zweite Gruppe.

Tag 3 – Wanderung auf die Bodenschneid & Erste Hilfe

Tag 3 unserer Ausbildung zum Wanderleiter führt uns auf die 1668 Meter hohe Bodenschneid. Der Wetterbericht sagt für den Nachmittag eine leicht erhöhte Gewittergefahr voraus, aber nichts Dramatisches. Neben der Wanderung stehen heute einige Erste-Hilfe-Übungen auf dem Programm.

Jeder aus der Gruppe zieht eine Karte mit Anweisungen. Es gibt ein Opfer und den Tourenführer, während die anderen etwa den verängstigten Ehemann oder hysterische Mitwanderer spielen. Wenn unser Ausbilder das Zeichen gibt, wird der Notfall simuliert. Die Aufgabe des Tourenführers besteht darin, sich einen Überblick zu verschaffen und richtig zu agieren. Hat der Verletzte einen Herzinfarkt, einen Sonnenstich oder etwas anderes und wie müssen wir vorgehen? Das ist keine einfache, aber eine wichtige Übung.

Nach dem Training wandern wir über schmale Steige weiter in Richtung Bodenschneid. Der Himmel zieht bedrohlich zu. In der Ferne sehen wir schon den Regen. Am Gipfel halten wir uns nicht lange auf und machen uns schnell an den Abstieg. Nach einigen Regenschauern kommt sogar die Sonne wieder. Kurz vor der Oberen Firstalm geraten wir in ein kräftiges Gewitter mit dicken Hagelkörnern. Gut, dass wir schon lange wieder vom Berg unten sind. Auf einem Gipfel oder Grat kann so ein Gewitter böse Folgen haben.

Tag 4 – Theorie & Bergrettung

Der vierte Tag unserer Wanderleiterausbildung ist ganz der Theorie gewidmet. Wetterkunde und Orientierung sind zwei ganz wichtige Aspekte. Aber auch Themen wie Recht und Allgemeines werden ausführlich behandelt. Das ist perfekt, denn draußen regnet es in Strömen. Das hält uns aber nicht davon ab, im Freien noch einige Rettungstechniken zu üben.

Wir lernen, wie man einen Verletzten mit der Rucksacktrage oder mit Hilfe eines Biwaksacks und ein paar Stöcken in Sicherheit bringt. Der Regen macht das Szenario noch authentischer. Es ist wirklich nicht einfach, eine Person einen steilen Hang und bei Matsch nach unten zu bringen – selbst wenn sechs Personen mit anfassen.

Tag 5 – Die Abschlussprüfung

Heute steht die Abschlussprüfung auf dem Programm. Wir sind schon ganz aufgeregt. Im Rahmen der Prüfung wandern wir auf die 1884 Meter hohe Rotwand – aber natürlich wieder über versteckte Steige. Jeder von uns muss einen Teil der Wanderung leiten. Dabei ist es wichtig, immer die Gruppe im Blick zu haben, die richtige Route zu finden und auf mögliche Gefahren zu achten.

Mit dem Wetter haben wir wieder Pech – es regnet fast durchgängig und die Gipfel liegen in einer dicken Wolkenschicht. Auf dem Weg zum Rotwandhaus kommen wir einmal vom Weg ab, finden aber recht schnell wieder zurück auf den Steig. Am Rotwandhaus entscheiden wir, den Gipfel auszulassen. Die Sicht da oben ist beinahe null – das macht wenig Sinn. Dafür stärken wir uns im Rotwandhaus, bevor wir uns an den Abstieg über die Kümpflscharte und die Kleintiefentalalm machen.

Um wenigstens einen Gipfel-Erfolg zu haben, steigen wir noch auf den 1692 Meter hohen Taubenstein.

Schon auf dem Rückweg gehen die ersten Teilnehmer in die mündliche Prüfung. Abgefragt werden Aspekte aus den Bereichen Wetter, Orientierung, Erste Hilfe und Ökologie. Wer in den vergangenen Tagen gut aufgepasst und die Unterlagen aus dem Fernstudium durchgearbeitet hat, wird hier keine großen Probleme haben. Man muss auch nicht auf jede Frage die perfekte Antwort haben. Ob man die Ausbildung zum Wanderleiter besteht oder nicht, hängt natürlich auch davon ab, wie man sich in den Tagen zuvor präsentiert hat.

Mit den Einzelgesprächen und der Feedbackrunde wird es spät – aus unserem 16-köpfigen Kurs besteht jeder die Prüfung. Ein Grund, noch ein wenig zu feiern.

Tag 6 – Abreise

Die Ausbildung zum Wanderleiter hat uns alle zusammengeschweißt. Die Woche verging wie im Flug und wir haben unheimlich viel gelernt. Am liebsten würde wohl jeder noch ein paar Tage dranhängen. Wir waren eine wirklich tolle Truppe – inklusive unserer zwei Ausbilder Baldo und Flo, die einen großartigen Job gemacht haben.

Die Ausbildung zum Wanderleiter – das musst du wissen

Mit Kurs eins der Wanderleiterausbildung kannst du offiziell DAV-Touren auf roten, also mittelschweren Wegen, leiten. Wenn das Wissen und Können vorhanden ist, sind in Absprache mit der Sektion auch anspruchsvollere Touren möglich. Auf Kurs eins folgt optional Kurs zwei, der Trainer C Bergwandern. Damit geht es dann auf schwarz markierte, also schwere Wege. Wer den ersten Kurs mit „gut“ bestanden hat, sollte keine Sorgen haben, auch Kurs zwei zu meistern.

Die Ausbildung zum Wanderleiter vermittelt dir eine Menge Wissen in Wetterkunde und Orientierung sowie einige grundlegende Rettungstechniken. Ich bin jedenfalls froh, den Kurs absolviert zu haben und kann es jedem nur empfehlen, der selbst einmal Menschen durch die Berge führen will.

In der Regel teilst du dir die Kosten für die Ausbildung mit deiner Sektion. Damit kostet dich die Ausbildung ohne Literatur etc. 350 Euro. Der Wanderleiter hat übrigens Bestand auf Lebenszeit. Wer Kurs zwei „Trainer C Bergwandern“ angeht, muss sich alle drei Jahre fortbilden.

Die Voraussetzungen für den Wanderleiter beim DAV

  • Drei Jahre Bergerfahrung
  • Das „Go“ deiner DAV-Sektion
  • Teilnahmebescheinigung Erste-Hilfe-Kurs (nicht älter als zwei Jahre)
  • Tourenbuch mit mindestens 20 Bergtouren mit zirka 800 Höhenmetern

Literatur zur Ausbildung Wanderleiter

Absolut notwendig ist das „Handbuch Ausbildung des Deutschen Alpenvereins„. Was du (optional) noch an Literatur brauchst, teilt dir der Alpenverein mit, wenn du deinen Ausbildungsplatz hast. Einige DAV-Broschüren bekommst du auch zugesendet. Für die Ausbildung ist die Sekundärliteratur aber nicht unbedingt notwendig.

Ausrüstungsliste Wanderleiter

Hier findest du die Ausrüstungsliste, die der DAV zur Ausbildung empfiehlt. Ich habe die Liste ein wenig angepasst – denn nicht alles braucht man unbedingt. Was in Klammern steht, ist meiner Meinung nach entbehrlich. Es macht zum Beispiel wenig Sinn, wenn 16 Leute einen Biwaksack mitbringen, zumal ein guter Biwaksack recht teuer ist. Wenn allerdings niemand einen Biwaksack dabei hat, ist das aber auch doof. Das ist dann halt auch ein wenig Ermessenssache, was du mitbringst.

• Bergschuhe
• Wanderhose
• kurze Wanderhose
• Regenklamotten (Jacke, Überhose)
• Regenschirm
• Pullover
• Mütze, Handschuhe
• ein starker Sonnenschutz
• Freitzeitkleidung für die Hüttenabende
• Hüttenschuhe bzw. Turnschuhe
• Trinkflasche
• (Taschenmesser)
• Zusatz-Tourenverpflegung
• Rucksack (je 1x für Tagestouren und Materialtransport)
• Teleskopstöcke
Stirnlampe
• Gebietskarte 1:25.000, wenn möglich AV-Karte (!)
• DAV-Planzeiger
• (Gebietsführer)
• Höhenmesser
• Bussole bzw. Peilkompass
• Lupe zum Kartenlesen
• Erste-Hilfe-Material
• (Biwaksack, robust & groß (2-Mann))
• Schreibzeug
• im persönlichen Besitz befindliche Literatur zum Thema Bergwandern
• (USB-Stick)

Wanderführer für Deutschland und Europa

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Autor:in
Florian Westermann ist seit über 20 Jahren Journalist und Profi-Fotograf.

2010 gründete er das Online-Reisemagazin Phototravellers. Nach seiner Zeit in großen Verlagshäusern teilt Florian heute seine Expertise hier auf dem Blog in über 400 Artikeln zu Reisen, Wandern, Outdoor und Fotografie.

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Kommentare

  1. Ein toller Bericht, sehr anschaulich beschrieben, wie so eine Ausbildung abläuft. Hatte davon keine Ahnung. Ich wünsche Dir weiterhin viel Spaß und Erfolg in den Bergen! Grüße, Birgit

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