1. Die richtige Ausrüstung fürs Bergwandern
Viele Unfälle in den Bergen sind schlicht und einfach auf fehlende Ausrüstung zurückzuführen. Besonders Anfänger denken oft, für ein oder zwei Bergwanderungen im Jahr tun es ja auch Sneaker. Das ist ein fataler Irrtum.
Natürlich kannst du fast jeden Gipfel, zumindest ohne Gletscherkontakt, im Sommer mit Turnschuhen besteigen. Das Unfallrisiko steigt aber enorm! Außerdem ermüdest du ohne gutes Schuhwerk viel schneller, was das Unfallrisiko ebenfalls erhöht und jede Wanderung zur Qual machen kann.
Neben anständigen Wanderschuhen gehören zumindest eine Kopfbedeckung, eine Sonnenbrille, eine leichte Jacke, eine Regenjacke, eine Stirnlampe und ein Erste-Hilfe-Set in den Wanderrucksack.
2. Plane deine Route penibel
Die Planung ist das A und O beim Wandern in den Bergen. Vor allem im deutschsprachingen Raum sind die Berge gut erschlossen. Vom Parkplatz folgt man oft einfach den Wegweisern zum Gipfel. Die Wanderwege sind meist hervorragend markiert und Abzweigungen ausgeschildert.
Doch ist es wirklich so einfach? Nein! Selbst vermeintlich leichte Wanderungen können böse enden. Vor jeder Bergwanderung solltest du dir einen Überblick über die geplante Route verschaffen. Entweder auf einer Karte oder im Internet. Inzwischen sind viele Bergtouren ausführlich mit Bildern beschrieben. Du solltest dich auch nicht nur auf einen Bericht verlassen – die Einschätzungen sind schließlich immer subjektiv.
Gibt es Schlüsselstellen? Auch solltest du dir im Vorfeld Gedanken darüber machen, wie eine alternative Route aussehen könnte. Vielleicht ist ein Teil der Strecke durch einen Bergrutsch oder ein Schneefeld unpassierbar.
Das haben wir auf unseren Bergtouren schon alles erlebt. Wer vorbereitet ist, ist im Vorteil. Unabdingbar auf jeder Wanderung in den Bergen ist eine Wanderkarte. Ein GPS-Gerät, eine Smart-Watch oder eine Wander-App sind eine Ergänzung, aber kein Ersatz für eine gute Wanderkarte.
Die Technik kann immer versagen. Es reicht ja schon, wenn die Batterien schlapp machen. Ein GPS-Gerät eignet sich wegen des kleinen Displays außerdem nur bedingt dazu, längere Routen im Detail zu überblicken.
Wichtig: Du solltest immer wissen, wo du dich befindest. Es nützt im Notfall wenig, wenn du der Bergwacht mitteilst, dass du etwa auf dem Weg zur Zugspitze bist. Wo war dein Startpunkt, welche Hütten hast du passiert, auf welchem Weg befindest du dich?
Im Falle eines Einsatzes der Bergwacht ist auch die Höhenangabe wichtig. Hier eignet sich ein GPS-Gerät oder eine Uhr mit entsprechender Funktion. Eine App fürs Smartphone ist eine günstige Alternative.
Tipp: Im Notfall erreichst du die Rettung in Deutschland unter der Nummer 112.
3. Checke das Wetter vor jeder Wanderung
Plötzliche Wetterumschwünge sind in den Bergen keine Seltenheit. Vor jeder Wanderung in den Bergen ist ein gründlicher Wetter-Check Pflicht – das gilt insbesondere für lange Wanderungen in alpinem Gelände.
Wer schon einmal ein Gewitter in den Bergen miterlebt hat, weiß: So etwas gilt es unbedingt zu vermeiden. Ein direkter Blitzschlag ist relativ selten, endet aber meist tödlich. Insbesondere an exponierten Stellen (Grat, Gipfel) und im Klettersteig herrscht bei Gewitter Lebensgefahr.
Während mächtige Frontgewitter (also wenn eine Kaltfront übers Land zieht) gut vorauszusagen sind, sind Wärmegewitter in den heißen Sommermonaten örtlich begrenzt und nicht exakt vorherzusehen. Hier gilt: Früh starten, um am Nachmittag wieder im Tal oder in der sicheren Hütte zu sein.
Aber nicht nur Gewitter bergen eine hohe Gefahr. Regnet es, werden Wege schmierig und rutschig. Die (Ab)-Sturzgefahr steigt deutlich. Zudem ist Regen einer der Hauptgründe für Steinschlag.
Eine weitere Gefahr ist ein Temperatur-Sturz. Wer bei angenehmen 20 Grad im T-Shirt loswandert, kann auf 3.000 Metern Höhe eine böse Überraschung erleben. Ein trauriges Beispiel ist der Zugspitz-Berglauf. Im Jahr 2008 kamen hier wegen der harschen Bedingungen am Berg zwei Sportler ums Leben.
Die meisten Smartphone-Apps eignen sich nur sehr bedingt für den Wetter-Check. Besser ist es, sich auf den Seiten der jeweiligen Alpenvereine oder beim Hüttenwirt zu informieren. Rät der Hüttenwirt von einer Bergtour ab, ist es besser, sich an diesen Rat zu halten. Denn keiner kennt die Gegend und das Wetter in der Region besser!
4. Gewitter in den Bergen
Es gibt kaum etwas gefährlicheres als ein Gewitter im Gebirge. Besonders brisant sind Gipfel, Hochebenen, Berggrate und Klettersteige. Bei Gewittergefahr verbieten sich längere Bergwanderungen. Gewitter sind besonders im Sommer ein Problem.
Musst du deshalb aufs Wandern in den Bergen verzichten? Nicht unbedingt. Da Wärmegewitter meist am frühen Nachmittag bis Abend auftreten, solltest du früh aufbrechen und das Ende der Wanderung für die Mittagszeit planen.
Während der Tour solltest du den Himmel im Blick behalten. Türmen sich die Wolken zu hohen Ambossen (Cumulonimbus oder Kumulonimbus) auf, ist die Chance auf ein Wärmegewitter hoch. Donnert und blitzt es am Horizont, solltest du so rasch wie möglich absteigen.
In den Bergen kann ein Gewitter schnell auf dich zukommen – das haben wir selbst schon erlebt. Schaffst du es nicht rechtzeitig zurück und kommst ins Gewitter, gilt es, Ruhe zu bewahren. Masten, einzelne Bäume und Weidezäune müssen unbedingt gemieden werden. Im Wald bist du vergleichsweise sicher. Hier solltst du dich aber nie unter morschen Bäumen aufhalten.
Wenn möglich, solltst du Unterschlupf suchen, etwa in einer Höhle. Die muss aber groß genug sein und ausreichend Abstand – mindestens einen Meter, besser drei Meter – zu den Wänden und zur Decke haben.
Kleine Hütten ohne Blitzableiter bieten leider keinen Schutz vor Blitzschlag. Ist weit und breit kein Unterschlupf in Sicht, solltest du alle metallischen Gegenstände – dazu zählen auch Brillen oder BHs – in sicherem Abstand deponieren.
Man selbst sucht sich am besten Schutz in einer Senke. Dabei in die Hocke gehen (um den Blitz nicht anzuziehen), die Knöchel zusammendrücken und auf einer isolierenden Unterlage wie etwa dem Rucksack abwarten.
Das ist ganz wichtig, um die sogenannte Schrittspannung zu vermeiden. Stehen deine Füße weit auseinander, droht bei einem nahen Blitzeinschlag eine lebensgefährliche Schrittspannung. Auf keinen Fall hinlegen!
Gruppen müssen sich in ausreichendem Abtand verteilen. Dabei ist darauf zu achten, Abstand zu Wasserläufen und feuchten Bereichen zu halten. Diese leiten die Energie des Blitzes direkt weiter.
Wirst du am Klettersteig von einem Gewitter überrascht und kannst nicht absteigen, solltest du mit der Selbstsicherung gesichert bleiben. Wenn möglich an einer Eisenklammer festmachen und nicht am Drahtseil. Die Hände gehören bei einem Gewitter auf keinen Fall ans Drahtseil.
5. Schätze deine Fähigkeiten richtig ein
Die letzte Bergtour ist schon einige Monate her? Oder es ist gar deine erste Wanderung in den Bergen? Schätze deine Fitness und dein Können realistisch ein. Es macht keinen Sinn, nach halber Strecke völlig erschöpft am Berg rumzuhängen. Die Unfallgefahr steigt extrem und der Spaß geht verloren.
Wer oft in den Bergen unterwegs ist, kann seine Möglichkeiten in der Regel sehr gut einschätzen. Mach nicht den Fehler, dich am Berg zu überschätzen. Das kann fatale Folgen haben. Lieber langsam starten und beim nächsten Mal eine etwas anspruchsvollere Tour planen.
Übrigens macht es Sinn, die erste halbe Stunde der Wanderung langsam anzugehen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Auf dem Weg zum Gipfel solltest du spätestens alle zwei Stunden eine kurze Rast einlegen und zumindest etwas trinken.
6. Meide die Dunkelheit
Die meisten Unfälle am Berg passieren in der Dunkelheit. Wenn möglich, solltest du dein Ziel bei Tageslicht erreichen. Steht eine längere Wanderung an und bist du schon am Start in Verzug – etwa weil du im Stau standest -, überdenke deine Zeitplanung.
Kommst du rechtzeitig zurück oder wird das schon knapp? Im Zweifel solltest du die Wanderung lieber abbrechen, als ein unnötiges Risiko einzugehen. Das gilt übrigens auch auf dem Weg zum Gipfel. Der Berg rennt schon nicht weg. Wichtig ist, sicher und gesund zurückzukommen.
Als Faustregel gilt: „Normale“ Wanderer schaffen in der Ebene etwa vier Kilometer in der Stunde. Anstiege und Abstiege kosten aber extra Zeit. Hier findest du den Gehzeitenrechner des Deutschen Alpenvereins.
7. Gib wichtige Infos weiter
Vor jeder Wanderung in den Bergen sollte jemand informiert sein, wohin die Tour führt und auf welcher Route du gehst.
Wann ist mit deiner Rückkehr zu rechnen? Hälst du dich nicht an den vereinbarten Zitplan, können Familie, Freunde oder der Hüttenwirt die Bergwacht alamieren.
8. Nimm genug Proviant mit
Nimm genügend Verpflegung mit. Gibt es auf deiner Wanderung bewirtschaftete Hütten, kannst du natürlich entsprechend weniger einpacken. Bist du aber lange unterwegs und kommst an keiner Hütte vorbei, sollte dein Proviantpäckchen gut ausgerüstet sein.
Neben ausreichend Wasser oder Tee gehören zumindest ein paar Energieriegel in den Rucksack. Aber mal ehrlich: Wer will nach einer langen und schweißtreibenden Wanderung in einen Energieriegel beißen? Viel besser sind doch ein Brötchen und Beilagen wie Tomaten, Eier oder Gurken.
Wir haben es schon auf einigen Touren erlebt, dass Wanderer nichts dabei hatten. Vor allem im Sommer kann das gefährlich werden.
9. Achte auf Lawinen
Im Winter sind Gewitter kaum ein Problem. Viel stärker liegt hier der Fokus auf Lawinen. Besonders hoch ist die Gefahr, wenn es frisch geschneit hat. Vor jeder Bergwanderung im Winter ist ein Bick auf die Lawinenlage obligatorisch.
In Bayern wirst du beim Lawinenwarndienst Bayern fündig. Selbst einfache Touren können böse enden, wenn du in eine Lawine kommst. Wenn du längere Wanderungen planst, kommst du einer Lawinenausrüstung, bestehend aus Lawinen-Piepser, Sonde und Schaufel, nicht vorbei.
Das System müssen alle Teilnehmer der Wanderung wie im Schlaf beherrschen – und natürlich solltest du auf keinen Fall alleine unterwegs sein.
10. Achte auf Steinschlag
Wer seine Bergwanderung gewisenhaft plant, weiß in der Regel um die Steinschlaggefahr auf der Strecke. Gibt es potenzielle Problemstellen, sollte unbedingt der Helm mit. An steinschlaggefährdeten Stellen nicht anhalten und flott, aber sicher weitergehen. Ganz ausschließen kann man die Gefahr aber leider nie.
Besonders gefährlich wird es nach Regenfällen und starken Temperaturschwankungen.
Andere Wanderer sollten, wenn sie oberhalb steigen, genau beobachtet werden. Auch Gämse und Steinböcke lösen oft Steine aus.
Besondere Vorsicht ist zudem in Schutthängen und Moränenflanken gefordert. Bemerkt man einen Seinschlag, ruft man laut „Stein“ – auch, um andere Wanderer unterhalb zu warnen. Wo schon viele heruntergefallene Steine auf Steinschlag hindeuten, solltest du besonders Obacht geben. Rast ein Stein auf dich zu, unbedingt den Kopf schützen und nicht versuchen, den Stein zu fangen (habe ich alles schon erlebt).
11. Was tun im Notfall
Je nach Region unterscheiden sich die Notfallnummern. Du solltest dich immer vorab informieren, welche Nummer dich direkt mit der Rettung verbindet und diese im Mobiltelefon speichern oder auf einem Zettel im Erste-Hilfe-Set aufbewahren.
Übrigens schützt eine Mitgliedschaft, etwa im Deutschen Alpenverein, vor hohen Bergungskosten.
Notfallnummern in den Bergen:
- Deutschland: 112
- Österreich: 140
- Italien inkl. Südtirol: 112
- Schweiz: +41 333 333 333 (mit ausländischem Telefon) bzw. 14 14 (mit Schweizer Telefon)
- Frankreich: 15
- Liechtenstein: 117
- Slowenien: 112
Bei einem Anruf bei der Rettung gelten die fünf W:
- Wo ist der Unfall geschehen?
- Was ist passiert?
- Wie viele Verletze?
- Welche Art der Verletzungen?
- Warten auf Rückfragen!
Aber keine Sorge: Die Retter sind ausgebildet und werden dich diese Punkte abfragen. Und niemals unaufgefordert auflegen!
Bei einem Unfall solltest du auch das Alpine Notsignal kennen. Ein optisches oder akustisches Zeichen sechsmal in der Minute, dann eine Minute Pause, bevor es wieder von vorne startet. Die Retter antworten mit einem Signal, das drei Mal in der Minute ertönt bzw. erscheint.
Hat dein Handy keinen Empfang, hilft es oft, den Standort zu wechseln und es in regelmäßigen Abständen zu versuchen. Von einem Gipfel aus hast du natürlich bessere Chancen.
Zudem verfügen moderne Smartphones über eine SOS-Funktion, die auf das beste zur Verfügung stehende Netz zugreift.
Oder ist eine bewirtete Hütte in der Nähe? Auch hier wird dir geholfen.
12. Luftrettung
Solltest du tatsächlich auf einen Helikopter angewiesen sein, signalisierst du den Piloten durch Handzeichen, ob du Hilfe benötigst. Mit weit ausgestreckten Armen bildest du entweder ein „Y“ für „Yes, ja“, oder ein „N“ für „No, nein“.
Das gilt übrigens auch für Wanderer, die in der Nähe eines Einsatzes sind. Der Pilot kann schließlich nicht wissen, wer den Notruf abgesetzt hat.
Der Pilot sollte mit einem Einweiser am Boden unterstützt werden. Bei Wind ist der Einweiser eine große Hilfe, bei einer Landung im Schnee ist er sogar unentbehrlich. Der Einweiser steht mit erhobenen Armen, den Rücken zum Wind gewandt, am vorderen Ende des Landeplatzes. Landet der Helikopter, sind Taschen, Rucksäcke oder Skier in sicherer Entfernung zu lagern. Der Wind der Rotorblätter ist brutal und Schnee und Staub werden aufgewirbelt.
Feste Kleidung anziehen, hinknien und den Kopf schützen – die hochgestreckten Arme kann man jetzt vor das Gesicht halten. Der Einweiser darf sich auf keinen Fall (!!!) – egal wie unangenehm oder beängstigend die Situation ist – von seinem Standort wegbewegen. Bei einer Landung im Schnee hat der Pilot nur den Einweiser als Orientierungshilfe. Verhält sich der Einweiser hier falsch, kann das katastrophale Folgen haben.
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